Bibeltext des Tages
Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!
(Philipper 4,4)
MEDITATION
„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!“ Dieser fast euphorisch anmutende, doppelte Imperativ ist typisch für Paulus. Er ist kein Apostel, der sich vorsichtig oder diplomatisch ausdrückt. Er trägt sein Herz auf der Zunge. Seine Begeisterung kann geradezu bedrängend wirken. Tatsächlich empfinde ich die radikale Forderung, mit der er hier an die Philipper herantritt, hart an der Grenze zur Manipulation: „Wie kannst du nur Freude befehlen?“, frage ich Paulus. „Als ob Freude auf Knopfdruck möglich, eine Frage des schieren Willens wäre!“ Wäre Paulus ein Verfechter des Wohlstandsevangeliums oder ein „Weichspüler“ des Glaubens, würde ich seine weltfremden Forderungen empört von mir weisen. Doch Paulus ist glaubwürdig. Er lebt, was er predigt – das stimmt mich nachdenklich: Dieser Mann setzt nach einer regelrecht gewaltsamen Gottesbegegnung vor Damaskus nur noch auf die eine Karte, nimmt beschwerliche Missionsreisen auf sich, riskiert sein Leben und wird für seinen Glauben wiederholt in Ketten gelegt. Wie nur konnte er inmitten von Entbehrung, Folter und Leid die Freude am Herrn lebendig erhalten? Seinen Brief an die Gemeinde in Philippi verfasst er – wie so viele seiner Schreiben – im Gefängnis. Seine Lage ist bedenklich, er muss mit dem Todesurteil rechnen. Wäre es ein Klagebrief, ein Beschwerdeschreiben geworden – wir könnten es Paulus nicht verdenken. Aber nein: In keinem seiner Briefe ist die Freude so prominent vertreten wie im Philipperbrief. „Was ist dein Geheimnis, Paulus?“, möchte ich fragen. Ich vermute, dass Paulus die bedingungslose Annahme, die er in seiner Begegnung mit Christus erfahren hatte, nie mehr vergessen konnte. Er war mitten im blinden, religiösen Eifer von Gott ausgebremst und in den Dienst genommen worden. Als „einem der schlimmsten Sünder“ ist Paulus „Barmherzigkeit widerfahren“ (1 Tim 1,15). Gott hat sich ihm zugewandt. Auf diesem Grund steht Paulus. Er hat immer wieder erfahren, dass das Joch von Jesus sanft und seine Last leicht ist – sogar dort, wo das Leben aus menschlicher Sicht eine Zumutung bedeutet. „Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude“, heißt es in einem alten Kirchenlied. Diese dauerhafte Freude im Herrn hat die Kraft, sich gegen Widerstände aller Art durch zusetzen – damals im Leben des Apostels und auch heute in meinem Unterwegs-sein mit ihm.
Reflexion und Gebet
REFLEXIONSFRAGEN
• Woran kann ich mich freuen? Worüber kann ich staunen? Wofür bin ich Gott dankbar?
• Gönne ich mir Momente der Freude? Fällt es mir leicht, mir selber und anderen Freude zu bereiten?
• Erlaube ich mir, echt zu sein vor Gott, mich ihm zuzumuten – nicht nur mit angenehmen Gefühlen wie Freude, sondern auch mit meiner Trauer, meiner Angst, meiner Scham, meiner Enttäuschung?
LOB/DANK
Wir danken Gott für den unerschöpflichen Grund zur Freude in Jesus - seine Selbsterniedrigung, sein Sterben am Kreuz und seine Auferstehung.
BUßE/UMKEHR
Wir bekennen, dass sehr oft Vordergründiges unser Leben bestimmt und Wünsche, Sorgen, Ängste ... uns die Freude rauben und unglücklich machen.
FÜRBITTE
Wir bitten, dass tiefe Freude durch Jesus unser Leben prägt und wir Zuversicht und Hoffnung verbreiten können. Und:
- Für jene Menschen in meinem Umfeld, die im Moment mit ihrem Leben und mit Gott kämpfen.
- Für ein neues Erwachen meiner eigenen Freude am Evangelium und für den Mut, in der Welt davon zu zeugen.
- Für Achtsamkeit, Gottes Gegenwart und Nähe in meinem Alltag zu entdecken.
- Für Kreativität und Hingabe, anderen Menschen „meine Güte kundzutun“ (Phil 4,5) und ihnen Freude zu bereiten.
GEBETSFOKUS
Wir beten für Menschen, die Leiderfahrungen mit anderen Menschen in unterschiedlicher Form erfahren haben. Wir beten für den Arbeitskreis Religionsfreiheit – Menschenrechte – Verfolgte Christen sowie für den Arbeitskreis Religiöser Machtmissbrauch.
SO KÖNNEN WIR BETEN
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Guter Gott – danke, dass du uns mit Menschen wie Paulus herausforderst und ermutigst.
Danke, dass du beständig um unser Vertrauen wirbst. Lass uns nie vergessen, dass wir zu dir kommen dürfen mit allem, was uns bewegt und beschäftigt.
Danke, dass du uns siehst und in Liebe annimmst. Danke, dass nichts so verlässlich ist wie deine Nähe.
Wecke in uns Freude durch deinen guten Geist.
Möge dein Friede, der höher ist als alle Vernunft, unsere Herzen und unsere Gedanken bewahren.
Amen.